BERTENBURG
Malerei
Auf den ersten Blick sehen die Bilder Achim Bertenburgs aus wie monochrome Flächen mit nebel- oder schlierenartigen Strukturen darin. Bei intensiverer Betrachtung aber meint man innerhalb der malerischen Textur Andeutungen von Formen zu entdecken, Schatten oder im Farbnebel sich verflüchtigende Konturen von Gegenständen oder gar Landschaften. Doch wird dieser Eindruck nie zur Gewissheit, erweisen sich der Pinselduktus und die sich überlagernden, ineinander übergehenden vieldeutigen Farbgebilde am Ende als die eigentlichen Motive und die Motivation dieser Bilder.
Man sieht neben diesen schemenhaft sich andeutenden „Entzugserscheinungen“ auch Linien und Chiffren, die für nichts als sich selbst stehen und anscheinend aus spontanen, freien Bewegungen des Pinsels heraus entstanden sind. Man wäre geneigt, von Gesten, oder Notationen mit einem gewissen „Ausdruck“ zu sprechen, wenn man nicht wüsste, dass Bertenburg den alt gedienten Kategorien der „Unmittelbarkeit“, „Spontaneität“ oder gar „Expressivität“ als Grundlage für zeitgenössische Malerei skeptisch gegenüber steht.
Und doch entdecken wir in einigen Bildern Striche, Bögen Schlieren oder breitere Farbbänder, die keinem imaginierten Bildraum, keinem angedeuteten Gegenstandsbezug mehr, sondern nur noch sich selbst verpflichtet sind. Allenfalls bilden sie Entsprechungen zum Duktus der malenden Hand, wuchern aber auch zwischen mehreren eher unscharf-flächig angelegten Farbzentren im Bild wie bei einem Netzgeflecht hin und her, oder verbinden die einzelnen Fokusse eines Bildes wie ein Rhizom untereinander. Sie zeugen allenfalls vom konkreten Einsatz malerischer Mittel, wollen auch nach längerer Betrachtung nichts anders sein als in Bewegung aufgetragene Farbbahnen und Linien.
Bisweilen werden aber auch diese rein „abstrakten“ Elemente Unschärfen unterworfen und die Klarheit ihres Verlaufes auf einer andersfarbig kontrastierenden Grundfläche scheint sich allmählich wie in Nebel aufzulösen. So als mache ein präzise gesetztes Zeichen plötzlich Anstalten, sich in den Illusionsraum einer im Bild imaginierten dritten Dimension zu verflüchtigen. Lässt man sich bewusst auf das Mit- und Nebeneinander einander widersprechender Bilderfahrungen ein, beginnt man zusammen mit der Malerei auch die eigenen Wahrnehmungen zu reflektieren. Ja man gewinnt den Eindruck, als habe Bertenburg während des Malaktes auf einer „abstrakteren“ Ebene in Gedanken, die schließlich in Pinselstriche überzugehen vermochten, das Bild noch einmal „übermalt“, – so wie man einen soeben gefassten Gedanken noch mal überdenkt oder einen Text noch mal liest, um ihn noch besser zu verstehen und ihn anschließend doch noch einmal zu überschreiben. Denken, Sehen, Erinnern, Imaginieren und Malen sind im Idealfall eins.