Zentrum für Künstlerpublikationen
Was sind Künstlerpublikationen?

Ausstellung Vinyl mit Werken der Sound Collection Guy Schraenen, Bremen 2005, Foto: BettinaBrach

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verließen die Künstlerinnen und Künstler den kunstimmanenten Raum und schufen auf der Basis massenmedialer Techniken publizierte Kunstwerke. Diese sprengten das traditionelle Kunstsystem und das Zuordnungssystem der Museen. Sie wurden in den 1950er und 1960er Jahren von Grafischen Sammlungen nur ansatzweise erfasst und von Museen im Allgemeinen nur selten wahrgenommen. Ihre Wurzeln sind in der Avantgarde der 1920er Jahre zu suchen, wie dem Futurismus oder dem Dadaismus.

Künstlerpublikationen umfassen sämtliche Äußerungen von Künstlerinnen und Künstlern, die potentiell die Multiplizierung intendieren und vom Künstler selbst, das heißt im Selbstverlag, oder von einem Verleger nach einem maschinellen oder manuellen vervielfältigenden Herstellungsverfahren herausgegeben werden.Der Begriff Künstlerpublikationen wird als Oberbegriff für alle Formen publizierter Kunstwerke verwendet. Er umfasst alle diejenigen Werke von Künstlern, die vervielfältigt, veröffentlicht oder publiziert wurden. Künstlerpublikationen sind damit gleichzeitig auch Manifestationen der Information und Kommunikation. Für den Künstler wird dabei beispielsweise das Buch oder die Schallplatte zum Medium seines künstlerischen Schaffens. Künstlerpublikationen setzen sich dementsprechend aus über 20 verschiedenen Gattungen und Untergattungen zusammen:

  • Künstlerbücher
  • Multiples, Buchobjekte
  • Künstlerzeitungen und -zeitschriften
  • Ephemera wie von Künstlern gestaltete Plakate und Einladungskarten
  • Fotoeditionen
  • Postkarten, Briefmarken, Aufkleber
  • Graphische Arbeiten, Xeroxkopien, Stempelarbeiten
  • Klangkunst auf Schallplatten
  • Kassetten und Audio-CDs, Radiokunst
  • Multimediaeditionen auf CD-ROM und DVD
  • Künstlervideos und -filme
  • Netzkunst, Computerkunst

Hierbei handelt es sich um Kunstwerke, die für die Künstler den gleichen Status und künstlerischen Wert wie ein Gemälde oder eine Installation besitzen. Der niedrige Preis dieser Werke war zugleich Programm, denn es sollte jeder Interessierte die Möglichkeit haben, sich ein Kunstwerk anschaffen zu können. Der Preis sollte keine Barriere darstellen, sondern vielmehr ermutigen, sich eine „Kunstsammlung en Miniature“ zuzulegen. Es lassen sich weltweit Werke in allen künstlerischen Strömungen seit den 1950er Jahren finden, von der Fluxus-Bewegung, über die Mail Art, Pop Art, die Visuelle und Konkrete Poesie, die Land Art bis hin zur Computer-Kunst des 21. Jahrhunderts.

Künstlerbücher

Erst seit den 1960er Jahren kann vom Künstlerbuch als eigenständiger Gattung gesprochen werden. Künstlerbücher beziehen sich aufgrund ihrer Gestaltung, ihres Formats, ihrer Materialität oder ihrer Funktion auf Formen des herkömmlichen Buches. Das Künstlerbuch als Ganzes manifestiert und visualisiert einen konzeptionellen Kontext, der auf der künstlerischen Intention des jeweiligen Künstlers basiert und es als autonomes Kunstwerk ausweist.

Das Künstlerbuch entsteht als publiziertes, gedrucktes und vervielfältigtes eigenständiges Kunstwerk aus einer künstlerischen Konzeption heraus, die in dieser Art durch keine andere künstlerische Form so auszudrücken wäre. Das Künstlerbuch ist nicht Träger, sondern Medium der künstlerischen Aussage.

Entsprechend seiner Vielfältigkeit kann das Künstlerbuch in den unterschiedlichsten Buchformen oder Untergattungen vorkommen, vom Pop up Buch, über das Leporello bis hin zum Postkartenbuch.

Künstlerzeitschriften

Künstlerzeitschriften entstanden im Kontext der zeitgenössischen Kunst Anfang der 1950er Jahre. Sie reflektieren die Gestaltung, das Format, das Material und die Erscheinungsweise herkömmlicher Zeitschriften. Künstlerzeitschriften können in Form normaler Zeitschriften, aber auch als Assembling, Einblatt- oder Objektzeitschriften erscheinen sowie in Form eines Newsletters. Als eigenständige Kunstwerke bilden sie unabhängige und unzensierte Informationsmedien.

Für die Künstlerinnen und Künstler sind Künstlerzeitschriften unter anderem ein Mittel der Information, Kommunikation und Vernetzung, um etablierte Strukturen der Gesellschaft und des Kunstmarktes zu unterlaufen. Sie beinhalten nicht nur künstlerische, sondern auch theoretische und dokumentarische Beiträge von Künstlern, die auf textlicher und/oder bildlicher, beziehungsweise audiovisueller Ebene funktionieren. Zudem erweiterten die Künstler den Formenkanon der Künstlerzeitschriften, indem sie diesen manchmal auch Multiples, Grafiken, Fotografien, Compact discs oder Schallplatten beilegten.

Künstlerzeitungen

Künstlerzeitungen adaptieren die Gestaltung, das Format, das Material und die Erscheinungsweise herkömmlicher Zeitungen. Ein großer Teil der Künstlerzeitungen besteht jedoch nur aus einer einzigen Ausgabe, die ein in sich geschlossenes Kunstwerk eines einzelnen Künstlers darstellt, beziehungsweise häufig einmalig anlässlich einer Ausstellung oder eines Projektes herausgegeben wurde. In Form einer Einblattzeitung kann eine Künstlerzeitung auch als Plakat erscheinen.

Künstlerzeitungen beinhalten nicht nur künstlerische Originalbeiträge, wie beispielsweise Bildstrecken oder spezielle Annoncen, sondern auch theoretische und dokumentarische Beiträge von Künstlern. Sie bestehen aus einfachem Papier oder Zeitungspapier und sind in der Regel nicht gebunden, sondern die einzelnen Blätter oder Seiten sind nur lose zusammengelegt.

Grafiken

Die Bezeichnung Grafik dient für alle künstlerischen Werke, die durch manuelle Drucktechniken, fotomechanische Verfahren oder maschinelle Druckverfahren hergestellt werden. Es handelt sich um vervielfältigte Kunstwerke, die in auflagen zwischen ca. 10 und mehreren Tausend Exemplaren entstehen können. Sie bestehen in Form von Originalgrafiken, Offsetgrafiken, als Elektrografien oder Xeroxkopien, Computergrafiken, Schreibmaschinen- und Stempelkunstwerke.

Besonders in den 1960er und 1970er Jahren führten unkonventionelle Druckmethoden zu neuen grafischen Möglichkeiten. Grafiken entstanden mit Hilfe elektronischer Geräte, wie Faxgerät, Fotokopierer oder Computer, sowie alltäglicher Gegenstände, wie Bügeleisen, Stempel oder Schreibmaschine.

Diese neuen Formen der Grafiken unterscheiden sich von den traditionellen Originalgrafiken nicht nur durch ihre Entstehung auf der Basis fotomechanischer, maschineller und alltäglicher Techniken, sondern auch durch ihre unkonventionelle Bildsprache.

Grafische Arbeiten

Als grafische Arbeiten werden alle jenen Werke bezeichnet, deren Entstehung auf grafischen Techniken basieren, die als solche aber nicht als rein autonome Grafiken angesehen werden, da sie einen alltäglichen Gebrauch intendieren, der durch ihre Vervielfältigung unterstützt wird. Zu den grafischen Arbeiten zählen Künstlerpostkarten und Künstlerbriefmarken sowie künstlerisch gestaltete Aufkleber, Bierdeckel, Briefumschläge, Flaschenetiketten, Lesezeichen, aber auch Tattoos zum Aufdrucken oder Aufkleben.

Es handelt sich hier nicht um dreidimensionale Objekte und auch nicht um traditionelle grafische Formen. Dennoch beruhen diese grafischen Arbeiten auf traditionellen originalgrafischen und alternativen Techniken, wie maschinelle, elektronische und manuelle Druckverfahren.

Beim größten Teil der grafischen Arbeiten handelt es sich um Künstlerpostkarten und Künstlerbriefmarken, weswegen diese beiden Untergattungen extra dargestellt werden.

Künstlerpostkarten sind Kunstwerke im Kleinformat von durchschnittlich 10,5 x 15 cm, dem Standardformat der Weltpostkarte. Sie dürfen nicht mit Kunstpostkarten verwechselt werden, auf denen ein beliebig ausgewähltes Werk eines Künstlers reproduziert wird. Dem gegenüber stellt die Künstlerpostkarte ein für die Veröffentlichung als Postkarte konzipiertes Kunstwerk dar. Künstlerpostkarten als Editionen in Auflage bildeten sich erst in den 1960er Jahren als künstlerisches Medium heraus.

Künstlerpostkarten

Künstlerpostkarten entstehen entweder als maschinell hergestelltes Produkt oder als eigenhändiges Werk eines Künstlers. Sie erscheinen als einzelne Werke oder als Edition in einer kleinen Mappe. Dabei kann es sich dann um eine Sammlung verschiedener Postkarten handeln oder nur um ein konzeptionelles Werk bei dem alle Postkarten zusammen erst das Kunstwerk ausmachen. Die Formen und Techniken sind äußert vielfältig und reichen beispielsweise von Buchdruck, Offset, Lithografie, Siebdruck, der Verwendung von Aufklebern, Stempeln, Briefmarken, über die Zeichnung mit Bleistift oder Filzstift, Collagen aus Zeitung- oder Zeitschriftenausschnitten, bis hin zur Einbeziehung von kleinen dreidimensionalen Gegenständen.

Künstlerbriefmarke

Mit der Fluxus-Bewegung entstanden die ersten von Künstlern nach eigenen Vorstellungen gestalteten Briefmarken. Sie stellen autonome, grafische Kunstwerke im Kleinformat dar, konzipiert in der Art einer Briefmarke mit rein künstlerischem Wert. Künstlerbriefmarken entstehen in den unterschiedlichsten Formen und Techniken. Sie sind in der Regel keine normalen Briefmarken, und werden daher auch nicht als Postwertzeichen akzeptiert. Sie bilden kein Kunstwerk ab, sondern sind selbst Kunstwerk.

Es war nicht das Anliegen der Künstlerinnen und Künstler, offizielle Postwertzeichen zu schaffen, sondern das Monopol der Post auf Gestaltung dieser Wertzeichen in Frage zu stellen. Dabei nutzen sie die visuelle Aussagemöglichkeit des Mediums Briefmarke und spielen mit deren Statussymbol, denn die Briefmarke übernimmt stellvertretend klassische Repräsentationsfunktionen, sowohl für die Bedeutung eines Bildes, als auch für die Wichtigkeit eines Staates. Die Künstlerbriefmarke kann als einzelne Briefmarke, als Briefmarkenbogen oder als Carnet (Briefmarken-Heftchen) vorkommen. Zum größten Teil sind die Künstlerbriefmarken perforiert und gummiert. Doch können sie auch nur als ungummierte und unperforierte Fotokopie, Stempelarbeit oder Originalgrafik vorliegen.

Ephemera

Ephemera umfassen von Künstlerinnen und Künstlern gestaltete Einladungskarten und Ausstellungsplakate sowie im weitesten Sinne künstlerisch gestaltete Ankündigungen, Eintrittskarten, Flyer, Programme oder Programmhefte, die anlässlich von Veranstaltungen erscheinen. Ephemera sind in diesem Sinne Dokumente, die nur für den angegebenen Zeitraum Bestand haben, wie beispielsweise eine Ausstellung mit Eröffnung und Finissage.

Bei Ephemera ist ihr Gebrauchskontext, wie Datum, Ort, Titel und Art des Ereignisses oder der Veranstaltung, immer angegeben, wenn auch nicht immer vollständig. Es handelt sich also um Materialien, die für einen einmaligen, beziehungsweise kurzen Gebrauch bestimmt sind. Die Größe dieser Arbeiten kann zwischen dem DIN A5 Format einer Postkarte und den verschiedenen Plakatgrößen liegen.

Beim größten Teil der ephemeren Materialien handelt es sich um Ausstellungsplakate und Einladungen, weswegen diese beiden Untergattungen extra dargestellt werden.

Einladungen

Die künstlerisch gestalteten Einladungen zu Ausstellungen, Veranstaltungen und Projekten bilden eine Untergattung der Ephemera. Zu ihnen zählen auch die Mail Art-Einladungen. Einladungen, die eine objekthafte Gestaltung aufweisen, werden dabei als Objekt-Einladungen bezeichnet. Bei einer Edition von Einladungskarten sind zu einer Ausstellung gleich mehrere Einladungskarten gestaltet und produziert worden, die auch alle verschickt wurden.

Ausstellungsplakate

Eine Untergattung der Ephemera sind die von Künstlerinnen und Künstlern gestalteten Ausstellungsplakate. Zu diesen zählen auch die Mail Art Plakate, die als Aufrufe zur Beteiligung an Mail Art-Aktionen oder Mail Art-Ausstellungen dienen. Wenn Künstler eine Anzahl verschiedener Plakate zusammenstellen, um sie in einem Schuber oder einer Schachtel zu vertreiben, handelt es sich um eine Plakat-Edition.

Foto-Editionen

Fotografien von Künstlerinnen und Künstlern sind dann als Künstlerpublikationen zu bezeichnen, wenn sie aufgrund ihrer Konzeption als vervielfältigte und publizierte Werke vorliegen bzw. wenn sie von den Künstlern nach Bedarf abgezogen werden. Sie erscheinen damit direkt oder auch indirekt in einer Auflage und können als Editionen bezeichnet werden. Sie bestehen in der Regel in Form von originalen Fotoabzügen.

Fotografien können als einzelne Edition bzw. Einzelwerk erscheinen oder in einer umfangreicheren Edition mit mehreren Fotografien. Bei diesen Editionen gilt jede einzelne Fotografie als autonomes Werk. Sie erscheinen in Mappen, Schachteln oder auch Briefumschlägen. Hiervon zu unterscheiden sind Kunstwerke in Form von Fotoserien, bei denen es sich um konzeptionelle Serien von Fotografien handelt. Weitere Formen der Foto-Editionen stellen die Fotografie-Bücher und Dia-Installationen dar.

Künstlerschallplatten

Bei Künstlerschallplatten handelt es sich im Sinne der publizierten Kunstwerke um veröffentlichte oder multiplizierte Sound Art auf Schallplatten und / oder eine künstlerische Gestaltung der Cover. Die Künstler, die ihre Klangarbeiten auf Schallplatten aufnahmen, schufen in der Regel nicht nur für das Cover, sondern auch für die Tonträger selbst, sprich das Vinyl und das Label, eine spezielle Gestaltung. Die Einheit von Klangarbeit und gestaltetem Cover als Bildträger ließ besonders eigenständige Kunstwerke entstehen.

Das akustische Kunstwerk wird mit Hilfe der technischen Aufnahme auf Vinyl-Schallplatten vergegenständlicht. Das, was beim Abspielen der Künstlerschallplatten zu hören ist, ist der Sound Art oder Radiokunst zuzurechnen und entspricht einem künstlerisch-konzeptionellen Umgang mit Klang, Geräusch, Stille, Sprache oder Musik.

Künstlerschallplatten können sowohl als ‚normale’ Schallplatten im herkömmlichen Sinne –beispielsweise auch als mit einem Bild bedruckte Picture Disc oder als aus biegsamem Vinyl bestehende Flexi Disc – in Erscheinung treten, als auch als Objektschallplatten.

Compact Disc

Für die Veröffentlichung von Klangarbeiten von Künstlerinnen und Künstlern hat sich die Compact Disc, auch bezeichnet als Compact Disc Digital Audio, seit den 1980er Jahren immer mehr durchgesetzt Die Gattungsbezeichnung steht hier für alle digitalen Tonträger von der Compact Disc (Audio-CD) über die Mini Disc bis hin zur Digital Versatile Disc (Audio-DVD). Das Klangmaterial der Künstler entspricht dem auf Künstlerschallplatten und audio-Kassetten von Künstlern. Zahlreiche Werke der Künstler, die ursprünglich auf Schallplatten oder Audio-Kassetten erschienen sind, wurden später auf Compact discs neu herausgegeben.

Viele Compact Discs bzw. Audio-CDs werden in Verbindung mit Ausstellungskatalogen, Zeitschriften oder Monografien über einzelne Künstler herausgegeben. Erscheinen sie in Verbindung mit von Künstlern gestalteten Beiheften, Künstlerbüchern oder Künstlerzeitschriften bilden sie mit diesen in der Regel eine konzeptionelle Einheit.

Audio-Kassetten

Die Verfügbarkeit von Tonbandgeräten und Kassettenrecordern seit anfang der 1950er bzw. 1970er Jahre bot den Künstlerinnen und Künstlern erstmals die Möglichkeit, mit geringen Kosten und auf einfache technische Art und Weise eigene, zum Beispiel mit Hilfe von Effekten wie der Mehrfachüberspielung oder der Geschwindigkeitsmanipulation, konzipierte Klangarbeiten selbst zu produzieren und aufzunehmen. Die Vervielfältigung bzw. die einfache Überspielbarkeit von Audio-Kassetten erlaubte es den Künstlern und kleinen Verlagen zudem, selbst Sound-Arbeiten zu verlegen und Kassetten herauszugeben, die sie entsprechend der Nachfrage vervielfältigten.

So konnten Audio-Kassetten kostengünstig in kleinen Auflagen produziert und sowohl finanziell als auch institutionell unabhängig für ein interessiertes Publikum vertrieben werden. Die Künstler schickten sich ihre Klang- und Radiokunstarbeiten auf Kassetten gegenseitig zu, häufig zur Veröffentlichung ohne Copyright.

Bei der Gattung der Audio-Kassetten von Künstlern handelt es sich um autonome Klangkunstwerke, um Aktionen, Lesungen oder Konzerte von sowie Interviews mit Künstlern.

Multiples

Beim Multiple handelt es sich um dreidimensionale Kunstwerke, die in einer bestimmten Anzahl seriell hergestellt wurden. Die Objekte sind ökonomisch, materiell und ästhetisch gleichwertig. Jedes dieser identischen Kunstobjekte steht für das andere, kann es ersetzen und ist somit austauschbar. Es sind eigenständige autonome Kunstwerke, die in einer unlimitierten oder zumindest größeren Auflage von ca. 500 bis hin zu mehreren Tausend Exemplaren verlegt wurden.

Zum Erfolg des Multiples haben insbesondere sein kleines, handliches Format, sein niedriger Preis, seine künstlerische Authentizität sowie seine Distribution beigetragen. Über Versandhandel, Selbstvertrieb, spezielle Shops, Supermärkte oder Kaufhäuser haben die Künstler und Herausgeber eigene Distributionsformen erschlossen.

Multiples können aus allen möglichen und unmöglichen Materialien bestehen. Von strom- oder batteriebetriebenen Objekten über solche, die unter anderem auch aus Lebensmitteln (wie Schokolade, Salat, Brot, usw.) oder Kleidungsstücken (wie T-Shirts, Strumpfhosen, etc.) bestehen bis hin zu Objektcollagen aus Alltagsmaterialien sind alle Formen vertreten.

Buchobjekte, Klangobjekte, Objekte aus Schallplatten oder Audio-Kassetten, Anstecker oder Spiele können ebenfalls als Multiples entstehen. Es handelt sich dann um kleine Formate, die in großen Auflagen vorliegen.

Auflagenobjekte

Auflagenobjekte erscheinen sowohl in Form von kleinformatigen, als auch großformatigen Objekten, Plastiken oder Skulpturen, die in der Regel in kleinen auflagen von zwei bis circa 15 Exemplaren entstehen. In Ausnahmefällen sind auch Auflagen von bis zu 50 Exemplaren möglich. Es handelt sich dabei um besondere Künstlereditionen, die meistens signiert sind und sich durch einen eher hohen Preis auszeichnen. Auflagenobjekte können im Kontext von buchobjekten, Klangarbeiten oder Film-/Video-Skulpturen in vielen verschiedenen Formen auftreten.

Zu den Buchobjekten zählen Buchobjekte aus vorgefundenen Büchern, Buchskulpturen aus buchfremden Materialien, Objekte in Form eines Buches sowie Buch-Installationen. Zu den Klangarbeiten gehören Klang-Installationen, Klangobjekte sowie Schallplattenobjekte und Audio-Kassettenobjekte. Die Auflagenobjekte umfassen weiterhin Mail Art-Objekte sowie Objekte oder Skulpturen auf der Basis von Film oder Video.

Film-/Video-Editionen

Filme und Videos von Künstlerinnen und Künstlern sind zu den Künstlerpublikationen zu zählen, da sie grundsätzlich der Veröffentlichung dienen und häufig vervielfältigt in Auflagen vorliegen. Film- und Video-Editionen erscheinen zum Zweck der Distribution auf Datenträgern wie Videokassetten oder Digital Versatile Discs (DVD-Videos). Künstlerfilme und -videos werden über Verlage, spezielle Künstleragenturen oder als sonderedition vom Künstler selbst, seiner Galerie oder einem auf bildende Kunst spezialisierten Verleger vertrieben.

Als Vorzugsausgaben sind sie häufig in eine besondere objekthafte Gestaltung eingebunden. Als besondere Formen sind aufgrund der einfachen Aufnahmemöglichkeiten und Verschickung von Videokassetten so genannte Videobriefe und Videomagazine entstanden, bei dem eine oder mehrere Videokassetten eine Zeitschriftenausgabe darstellen.

Seitdem Filme und Videos digital aufgenommen, geschnitten und produziert werden, verwischen die Grenzen von Film und Video nicht nur auf der Produktionsebene.

Fernsehkunst

Fernsehkunst umfasst Werke, die Künstlerinnen und Künstler direkt für die Ausstrahlung über Fernsehstationen konzipiert haben. Die Fernsehfilme haben sie entweder selbst mit eigener Technik oder mit Unterstützung von Redakteuren, Kameraleuten und Technikern der Fernsehsender umgesetzt. Darüber hinaus zählen zu diesen Werken auch Filme bei denen die Künstler ‚nur’ mitgewirkt haben, dabei aber einen zentralen Einfluss auf die Gestaltung nahmen sowie Filme, die ursprünglich nicht für das Fernsehen gedacht waren, dann aber über die Ausstrahlung bekannt wurden.

Es handelt sich um dokumentarische Filme, Künstlermonografien, Fiktionen, Experimentalfilme sowie Spielfilme verschiedenster Sujets.

Multimedia-Editionen

Bei Multimedia-Editionen von Künstlern handelt es sich um Kunstwerke auf digitalen Datenträgern, wie die CD-ROM (Compact Disc Read-Only Memory) oder die DVD-ROM (Digital Versatile Disc Read-Only Memory). Sie entstehen aus der künstlerischen Verbindung von Text, Bild/Fotografie, Grafik, Ton und Animation und integrieren Elemente der Performance, des Videofilms, des Computerspiels und der Netzkunst. Als interaktive Medienkunstwerke auf Datenträgern entsprechen sie damit multiplizierten und veröffentlichten Kunstwerken.

Zum einen werden Multimedia-Editionen gezielt für die Veröffentlichung auf CD- oder DVD-ROM konzipiert, wobei dann die jeweilige Multimedia-Edition zum autonomen Kunstwerk wird. Multimedia-Editionen werden zum anderen konzeptionell von bestehenden Medieninstallationen oder Netzkunstwerken aus entwickelt. Computerspiele und Bildschirmschoner von Künstlern werden ebenfalls als Multimedia-Editionen vertrieben.

Radiokunst

Der Begriff der Radiokunst umfasst eine ganze Bandbreite an künstlerischen Arbeiten, die sich in einem interdisziplinären Bereich im Kontext der bildenden Kunst, der experimentellen Literatur und der Neuen Musik bewegen. Unter Radiokunst können dabei künstlerische Werke verstanden werden, die seit den 1960er Jahren auf der Veröffentlichung über Radiosender oder Internetradio bzw. auf der Ausstrahlung, akustischer oder radiofoner Signale basieren.

Zum einen wurden zahlreiche Werke von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern speziell für das Senden im Radio konzipiert und reflektieren in der Regel das Medium. Diese entstanden als autonome Produktionen oder im Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und wurden als Einzelsendungen sowie im Rahmen von Projekten oder Sendereihen ausgestrahlt. Zum anderen fanden medien- und länderübergreifende, zeitgleiche oder zeitlich versetzte Projekte statt, bei denen viele Künstler an mehreren Orten gleichzeitig arbeiteten und der Fokus nicht auf den Einzelwerken, sondern auf der Gesamtproduktion lag.

Ra­dio­kunst – das sind somit Wer­ke, die Künst­le­rin­nen und Künst­ler spe­zi­ell für das Ra­dio ent­wi­ckel­ten: Klang- oder Ge­räusch­kom­po­si­tio­nen, Hör­spie­le, Ak­tio­nen oder Kon­zer­te, Sound Per­for­man­ces, Sa­tel­li­ten-Klang­skulp­tu­ren, So­und­scapes, Ra­dio­kunst­in­stal­la­tio­nen, ver­netz­te (Me­di­en-)Pro­jek­te bis hin zur elek­tro­akus­ti­schen Mu­sik. Ra­dio­kunst be­wegt sich in ei­nem künst­le­risch in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Be­reich im Kon­text der bil­den­den Kunst, der ex­pe­ri­men­tel­len Li­te­ra­tur und der Neu­en Mu­sik. Die­se Brei­te zeigt sich eben­falls in den Kunst­strö­mung, in de­nen die ver­schie­de­nen Wer­ke der Ra­dio­kunst ver­or­tet wer­den kön­nen: Con­cep­tu­al Art, Con­cep­tua­lism, Elek­tro­akus­ti­sche Kunst, Elek­tro­ni­sche Mu­sik, Di­gi­ta­le Mu­sik, Flu­xus, Land Art, Laut­poe­sie, Mail Art, Mi­ni­mal Art, Mu­si­que Con­crè­te, Neue Mu­sik, Per­for­mance, Pop Art, te­le­ma­ti­sche Kunst, Vi­deo­kunst, Vi­su­el­le und Kon­kre­te Poe­sie, usw.

Die Aus­ein­an­der­set­zung der Künst­ler mit dem Me­di­um Ra­dio er­folg­te zum ei­nen auf ei­ner in­sti­tu­tio­nel­len und zum an­de­ren auf ei­ner au­to­no­men Ebe­ne. Die Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die in ih­ren Ate­liers oder in lo­ka­len Ra­dio­sen­dern seit den 1960er Jah­ren Ra­dio­kunst­sen­dun­gen pro­du­zier­ten, ha­ben das Ra­dio als In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­raum ver­stan­den und zum größ­ten Teil mit den ein­fachs­ten Mit­teln ge­ar­bei­tet. Auf die­ser Ba­sis wur­de mit all­täg­li­chen Ge­gen­stän­den und oft sim­pels­ter Tech­nik im­pro­vi­siert, aber so dass kon­zep­tio­nell, im Sin­ne ei­ner – auch von M. Glas­mei­er im Kon­text der Flu­xus-Be­we­gung for­mu­lier­ten – „Öko­no­mie der Mit­tel“, Wer­ke mit ei­ner be­son­de­ren künst­le­ri­schen Prä­gnanz ent­stan­den. Die­se be­ruht auch auf der Un­ab­hän­gig­keit von den Re­geln und Nor­men gro­ßer In­sti­tu­tio­nen und den äs­the­ti­schen Vor­stel­lun­gen von Re­dak­teu­ren und Re­gis­seu­ren.