Kunst im Außenraum

Rund um das Museum, an der Fassade, aber auch in und vor dem Foyer befinden sich zahlreiche Kunstwerke, die frei zugänglich sind. Darunter sind großformatige Werke wie zum Beispiel Lawrence Weiners Textarbeit am Sockel des Museums, die markante Skulptur Three Triangles von Sol LeWitt oder Ulrich Rückriems Doppelstück auf dem Vorplatz – zwei große Monolithen aus Granit, die bereits seit der Eröffnung im Jahr 1991 den Zugang zum Museum akzentuieren. Zu erwähnen sind auch die beiden, weithin sichtbaren Lichtarbeiten von François Morellet und Monica Bonvicini.

Daneben können aber auch kleinere, auf den ersten Blick unscheinbar wirkende Werke entdeckt werden, wie zum Beispiel David Hepps Türkeil aus Bronze oder eine Klangarbeit von Rolf Julius mit dem poetischen Titel Einer Wand zuhören. Zuletzt wurde im Sommer 2021 eine große Installation von Claudia Piepenbrock im Foyer eingeweiht, die sich von dort in den Außenraum ausbreitet.

1 Monica Bonvicini

POWER JOY HUMOR RESISTANCE, 2020, Dauerleihgabe des Landes Bremen, Foto: Björn Behrens © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
POWER JOY HUMOR RESISTANCE, 2020, Dauerleihgabe des Landes Bremen, Foto: Björn Behrens © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Seit April 2021 leuchtet sie an der Fassade der Weserburg: die Neonarbeit der renommierten Künstlerin Monica Bonvicini (*1965). Das Werk mit dem Titel POWER JOY HUMOR RESISTANCE konnte von der Stiftung Bremer Bildhauerpreis / Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum mit finanzieller Unterstützung durch den Senator für Kultur und die Karin und Uwe Hollweg Stiftung für Bremen erworben werden und wird dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt.

Die für den Außenbereich konzipierte Arbeit besteht aus roten Neonbuchstaben auf Aluminiumrahmen und misst in der Höhe etwa 330 cm. Sie vereint in sich wichtige Aspekte von Monica Bonvicinis Schaffen: die kritische Auseinandersetzung mit der Macht der Sprache, das Interesse an industriellen Materialien, das unbeirrte Hinterfragen von Strukturen und die Verschränkung von Text und Raum.

Literarische Zitate werden bei der Künstlerin oft demontiert und spielerisch neu zusammengesetzt, um Sprache, Material und Architektur gleichermaßen neu aufzuladen. In POWER JOY HUMOR RESISTANCE reflektiert Monica Bonvicini Begriffe aus dem Buch Rage Becomes Her (2018) der amerikanischen Journalistin und Frauenrechtsaktivistin Soraya Chemaly, um eine Botschaft der Hoffnung, Aktion und Revolution weit in die umgebende Landschaft zu werfen.

Monica Bonvicini
POWER JOY HUMOR RESISTANCE, 2020
Rote Neonröhren, Trägerstruktur aus Aluminium, Kabel
ca. 330 x 300 cm
Dauerleihgabe des Landes Bremen

 

2 Joel Fisher

Joel Fisher, Ear, 1988, Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

Joel Fisher (*1947) experimentierte in den 1970er Jahren mit Papier, das er selbst herstellte – zum Teil unter Verwendung eigener abgelegter Kleidungsstücke. Dabei fiel ihm auf, dass einzelne Filzfasern immer wieder zufällige, eigentümlich fremdartige und assoziationsreiche Figurationen formten. Diese Fundstücke wurden Ausgangspunkt für verschiedene Werke. Zuerst zeichnete er sie vergrößert auf dem gleichen Papier nach und machte sie sich so zu eigen.

Einige der gefundenen Faserverschlingungen hatten in den Augen des Künstlers sogar skulpturalen Charakter. So sind ausgehend von kleinteiligen, zufälligen Formen zahlreiche Skulpturen aus Bronze entstanden, darunter auch die Wandskulptur an der Außenfassade der Weserburg. Ihrer besonderen Formgebung folgend trägt sie den anspielungsreichen Titel Ear.

Joel Fisher
Ear, 1988
Bronze
Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst
Geschenk J. Robert Orton Jr., USA

 

3 Lutz Fritsch

Lutz Fritsch, Raumfahrt, 1993 ©VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Mit der Skulptur Raumfahrt bringt Lutz Fritsch (*1955) zwei voneinander weit entfernt liegende Orte in einen Zusammenhang von Raum und Zeit. Der eine Teil des Ensembles steht am Weserufer des Teerhofes, der andere Teil befindet sich auf dem Bug des deutschen Forschungsschiffes Polarstern, das im Auftrag des Bremerhavener Alfred Wegener Instituts durch die Arktis und durch die Antarktis fährt.

Ein kleines Metallschild an der Weserufermauer, das die Reiseziele des Forschungsschiffes abbildet, weist auf die konkrete wie imaginäre Verbindung hin. An Bord der Polarstern zeigt wiederum ein Foto den Festpunkt in Bremen.

Text: www.kunst-im-oeffentlichen-raum-bremen.de

Lutz Fritsch
Raumfahrt, 1993
Rundrohr, Stahl, Lackfarbe
550 cm x Ø 5 cm

 

4 Jochen Gerz

Jochen Gerz, Die Bremer Befragung. Sine Somno Nihil, 1995 ©VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Jochen Gerz (*1940) hat in der Zeit von 1991 bis 1995 das Werk Bremer Befragung. Sine Somno Nihil geschaffen. Er sprach mit ausgewählten Bevölkerungsgruppen und verschickte 50.000 Fragebögen, in denen er danach fragte, welche Themen eine künstlerische Arbeit für Bremen haben sollte, ob die Kunst solchen Themen gerecht werden kann und wer an dieser Arbeit mitwirken möchte. 269 Bremer*innen haben geantwortet und mit ihm diskutiert.

Die Befragung war für Gerz kein Mittel zum Zweck, sondern das Kunstwerk selbst, das er als immatrielle Skulptur bezeichnet. Es sollte über die Diskussionen in den Köpfen der Menschen entstehen.

Die Namen der Teilnehmer*innen sind mit folgendem Text in die Bodenplatte eingearbeitet: „Die Bremer Befragung ist eine Skulptur. Sie besteht aus den Bildern und Träumen derer, die sie sich vorstellen. Alle, die dies tun, sind ihre Autoren. Die Bremer Befragung ist ihren Autoren gewidmet und allen, die hier stehen bleiben und etwas sehen, was es nicht gibt.“

Text: www.kunst-im-oeffentlichen-raum-bremen.de

Jochen Gerz
Die Bremer Befragung. Sine Somno Nihil, 1995
Bodenplatte: Glas, Stahl mit eingraviertem Text und Namen, 2 m x 1,16 m; Auskragung am Brückengeländer der Bürgermeister Smidt-Brücke; Buch: Die Bremer Befragung. Sine Somno Nihil, 1990-1995

 

5 David Hepp

David Hepp, ansetzen, 2018

Vor dem Haupteingang der Weserburg hat der Künstler David Hepp (*1989) eine kleine Bronzeskulptur in Form eines Holzkeils platziert. Die Skulptur ist damit eine ebenso überraschende wie humorvolle Wendung eines alltäglichen Gegenstands. Mit dem Umfunktionieren von Gegenständen und Materialien – wie hier Holz zu Bronze, bewegliches Objekt zu fest im Boden verankerter Skulptur – gelingen dem Künstler immer wieder Irritationen, die zu einer bewussteren, die Sinne schärfenden Wahrnehmung ermuntern.

Im Rückbezug auf ästhetische Praktiken der Minimal Art und Konzeptkunst hat David Hepp ein Werkverständnis entwickelt, das von skulpturalen Objekten über raumgreifende Installationen bis hin zu ortsbezogenen Interventionen reicht. Es sind mitunter reduzierte Eingriffe, die erst bei genauerem Betrachten ins Auge fallen, dann aber die Aufmerksamkeit binden und eine ungemeine Präsenz entfalten.

David Hepp
ansetzen, 2018
Bronze, 2,5 x 18 x 8 cm
Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

 

6 Rolf Julius

Rolf Julius, Einer Wand zuhören, 1995/99, Sammlung Finkenberg ©VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Klänge und Geräusche werden abhängig von Lautstärke, Tonhöhe und Gewohnheitsgrad, aber auch vom subjektiven Hintergrund bewusst oder unbewusst wahrgenommen. Sie können Assoziationen hervorrufen, Gefühle verstärken sowie (Vorstellungs-)Bilder verändern. Mit diesen Bedingungen hat Rolf Julius (1939 – 2011) intensiv seit den 1970er Jahren gearbeitet. Er gilt damit als ein Pionier der Klangkunst in Deutschland. Typisch ist sein akustischer Minimalismus.

Im Tunnel der Weserburg befindet sich eine unscheinbare, aber sehr eindrückliche Klanginstallation des Künstlers. Mit Einer Wand zuhören hat Julius den Prozess des Ankommens im Museum auf besondere Weise gestaltet. Noch vor dem Eingangsbereich sind an einer kleinen, kreisrunden Öffnung mitten in der Wand Geräusche in geringer Lautstärke zu vernehmen. Es sind leicht zirpende Klänge, die in einem krassen Gegensatz zum Alltagslärm stehen. Die Klangabläufe haben dabei keinen Anfang und kein Ende, sondern sind permanent da und laden zu einer bewussten Wahrnehmung ein.

Rolf Julius
Einer Wand zuhören, 1995/99
Soundinstallation
Sammlung Finkenberg

 

7 Sol LeWitt

Sol LeWitt, Three Triangles, 1994, Sammlung Weserburg, Foto: Tobias Hübel © VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Sol LeWitt, Three Triangles, 1994, Sammlung Weserburg, Foto: Tobias Hübel © VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Der US-amerikanische Künstler Sol LeWitt (1928 – 2007) hat 1994 anlässlich einer Ausstellung in der Weserburg eine Außenskulptur entworfen – Three Triangles oder auch Outdoor Piece for Bremen genannt.  Sol LeWitt ist ein Hauptvertreter der Minimal Art und hat die Konzeptkunst seit den 1960er Jahren maßgeblich mitgeprägt.

Die vier Meter hohe und 15 Meter lange Skulptur aus Betonstein greift die Giebelform auf, die noch heute die Häuserfront vieler Gebäude am Weserufer prägt. Sol LeWitt setzt damit eine Thematik fort, die sein gesamtes Werk durchzieht. Die Skulptur wird auf einfache Grundformen und konstruktive Elemente reduziert. Hier sind es ein großes abgestuftes Dreieck in der Mitte und zwei halbe, zur Mitte hin abgestufte Dreiecke links und rechts.

Anders als den Konstruktivisten der klassischen Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts geht es Sol LeWitt nicht darum, verschiedenartige Elemente in ein besonderes Verhältnis zu bringen. Er interessiert sich vor allem für die bildnerischen Möglichkeiten, die sich ihm duch die Verwendung eines einzelen Moduls bieten. Solche Module – für die Bremer Arbeit ist es ein industriell genormter Stein von 20 x 20 x 40 cm – werden von ihm in einem klar erkennbaren Ordnungssystem zu einem Ganzen zusammengefügt.

Das Outdoor Piece for Bremen führt einen spannungsvollen Dialog mit dem städtischen Umraum. Die weithin sichtbare Skulptur steht wie ein Riegel quer zu den Häusern an beiden Ufern und markiert Anfang oder Ende der Halbinsel in der Weser. Sie setzt sich durch das verwendete Material von den Backsteinbauten der Umgebung ab und betont sie im selben Moment. Zugleich verweist sie auf das Museum mit seinen Sammlungen der Gegenwartskunst ebenso wie auf sein Umfeld zwischen Altstadt und Neustadt.

Sol LeWitt
Three Triangles, 1994
Betonstein
Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

Das Kunstwerk wurde von Sol LeWitt für diesen Platz entworfen. Er schenkte es dem Museum anlässlich seiner Ausstellung 1994.

Die Kosten für den Aufbau der Skulptur wurden durch Spenden von Bremer Bürger*innen, den Firmen Kraft Foods, Fuhrken und KAMÜ aufgebracht. Die Museumsfreunde Weserburg und die Stiftung Neues Museum Weserburg Bremen danken allen Spender*innen, der Stadt Bremen, der Stiftung Wohnliche Stadt und der Nicolaus H. Schilling-Stiftung für die Unterstützung.

Sol LeWitt erstrahlt in neuer Pracht!

Die Sanierung im Jahr 2022 wurde ermöglicht mit freundlicher Unterstützung der Museumfreunde Weserburg und gefördert durch den Senator für Kultur Bremen.

 

8 François Morellet

François Morellet
François Morellet, Museum, 1997, Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

François Morellet (1926 – 2016) hat 1997 für die Weserburg zwei Leuchtarbeiten entwickelt, die nachts von den gegenüberliegenden Ufern der Weser zu sehen sind. Die blau leuchtenden Neonröhren, geschwungene, langgezogene Linien, die vor und hinter den Fenstern des Museums entlangführen, formen das Wort „museum“.

François Morellet
m-se-m (museum), 1997
Neonröhren, blau, ca. 20 m
Dauerhafte Installation an der großen Weserseite
Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

François Morellet
Museum, 1997
Neonröhren, blau, ca. 5 m
Dauerhafte Installation an der kleinen Weserseite
Sammlung Weserburg Museum für moderne Kunst

 

Aufgrund der Energieeinsparverordnung ist das Kunstwerk zurzeit nicht zu sehen.

 

9 Kate Newby

Kate Newby, Oh leap!, 2015

Kate Newby (*1979) hat im Rahmen einer Ausstellung in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst 2010 eine Außenskulptur geschaffen, die noch heute am Fuße der Weserburg, in direkter Nähe zum Flussufer zu sehen ist. Es sind zwei farbig gefasste Objekte aus Beton, in deren blaue und gelbe Oberfläche sie verschiedene Steine eingelassen hat. Kate Newbys Intervention kann dabei vieles sein: Skulptur, Akzentuierung des musealen Umfelds oder aber Sitzmöglichkeit an einem ungewöhnlichen Ort.

Kate Newbys Eingriffe in den öffentlichen Raum schieben sich ganz bewusst nicht in den Vordergrund, sondern verlagern das Augenmerk auf das jeweilige Umfeld. Indem sie ihre Interventionen auf eine Weise einfügt, die ihre Kontexte betont, wird der alltägliche Raum zum Hauptakteur ihres künstlerischen Schaffens. Gleichzeitig aber greifen ihre Arbeiten in ihre Umgebung ein und verändern deren Wahrnehmung – mittels ihrer formalen Erscheinung und intensiven Farbigkeit.

Kate Newby
Oh leap!, 2015
Im Besitz der Künstlerin

 

10 Claudia Piepenbrock

Claudia Piepenbrock, TRIGGER & TRAP, 2021, Foto: Tobias Hübel
Claudia Piepenbrock, TRIGGER & TRAP, 2021, Foto: Tobias Hübel

Claudia Piepenbrocks (*1990) raumgreifende Installation Trigger & Trap für die Eingangssituation der Weserburg Museum für moderne Kunst ist so überraschend wie überzeugend. Die Künstlerin denkt den Ort vollständig neu und nimmt sich das Museumsfoyer mit einer Mischung aus klarer Entschlossenheit und kluger Respektlosigkeit vor. Blickachsen werden neu definiert, architektonische Gefüge verschoben und Laufwege umgelenkt. Raumatmosphäre wird mit einer Kombination aus Licht, Stahl und Farbe zerteilt und dehnt sich in den Außenraum aus. Autonome bildhauerische Sprache trifft auf alltägliche Nutzung, natürliches auf künstliches Licht, Offenheit auf Geschlossenheit. Sonst klar zu definierende Grenzen lösen sich auf: Treppe oder Skulptur? Lampe oder Lichtobjekt?

Im Zentrum des Raumes steht eine Wand, die klar als bildhauerische Setzung zu erkennen ist und ihre Umgebung neu bestimmt. Die vorgefundene Architektur selbst wird zum Erlebnis und gleichzeitig zur Hülle ihrer künstlerischen Inszenierung.

Trigger & Trap stellt Claudia Piepenbrocks feines Gespür für Räume einmal mehr unter Beweis. Was zuvor nüchtern und kalt wirkte, wird nun zu einem lebendigen Ort, der sich in unterschiedliche Zonen zerteilt, vielfältig erfahrbar wird und auf relativ wenig Platz ein Maximum an Seherfahrungen bietet, ohne überfrachtet zu wirken oder pragmatische Nutzungen zu verunmöglichen. Vielmehr nimmt Trigger & Trap die Gegebenheiten und Notwendigkeiten des institutionellen Raumes an und lädt sie mit neuen Perspektiven auf.

Claudia Piepenbrock
Trigger & Trap
, 2021
Stahl, Lack, Neons zzgl. Technik
Im Besitz der Künstlerin

Mit freundlicher Unterstützung durch

Bremen wird neu. Aktionsprogramm Innenstadt und Waldemar Koch Stiftung

 

11 Ulrich Rückriem

Ulrich Rückriem, ohne Titel (Doppelstück), 1984, Sammlung Sylvia und Ulrich Ströher

Auf dem Museumsvorplatz der Weserburg steht die zweiteilige Skulptur Doppelstück von Ulrich Rückriem (*1938). Die beiden spiegelverkehrt zueinandergeordneten Monolithen aus Granit markieren links und rechts des Weges den Zugang zum Museum.

Ulrich Rückriems Bestreben ist es, soweit es irgend möglich ist, dem Material, das er sich in den verschiedenen Steinbrüchen auswählt (hier blauer Granit aus der Normandie), weitestgehend nachzugeben und das typische Bruchverhalten des Steines als gestalterisches, ja formbestimmendes Element der Skulptur zu nutzen.

Die Senkrechten dieses Doppelsteines sind gebildet aus den natürlichen Bruchkanten des Steins. An einigen Stellen sind sogar noch die bräunlichen Verwitterungsspuren alter, natürlicher Brüche und Spalten zu beobachten. Verschiedene Aspekte kommen in den Blick: gespalten und geschnitten, glatt poliert und natürlich belassen.

Die unzweifelhaft vorhandene Monumentalität fast aller Skulpturen von Ulrich Rückriem begründet sich nicht vordergründig auf ihrer schieren Größe. Sie resultiert aus ihrer steinernen Materialität. Im Gegensatz zur traditionellen Denkmals- oder Mahnmalmonumentalität, wo die Kunst und ihre Gestaltung in den Dienst des herrschenden Zeitgeistes gestellt wird oder gar moralisch guten Zwecken dient, beziehen die Skulpturen von Ulrich Rückriem ihre statuarische Größe gewissermaßen zweckfrei aus ihrem Sosein.

Ulrich Rückriem
ohne Titel
(Doppelstück), 1984
Granit (Bleu de Vire de la Normandie), gespalten, geschnitten
2-teilig, 360/400 x 200 x 210 cm, jeweils ca. 47 t
Sammlung Sylvia und Ulrich Ströher

 

12 Lawrence Weiner

Lawrence Weiner, Having Been Built On Sand. With Another Base (Basis) in Fact, 1978, Sammlung Onnasch ©VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Lawrence Weiner (1992 – 2021) gilt als Mitbegründer der sogenannten Konzeptkunst und gehört ohne Übertreibung zu den international anerkannten Künstler*innen, die das ästhetische Denken und Handeln nachfolgender Generationen maßgeblich beeinflusst haben.

Bereits vor dem Museumsbesuch fallen von weitem die großen weißen Lettern an der Außenmauer der Weserburg auf:

HAVING BEEN BUILT ON SAND
WITH ANOTHER BASE (BASIS) IN FACT

AUF SAND GEBAUT
TATSÄCHLICH AUF (AUS) ANDEREM GRUND

Die sachliche Typografie verzichtet auf individuelle Gestaltung und Interpunktion. Diese aufs Notwendigste reduzierten oft zweisprachigen Sätze sind Werke der bildenden Kunst. Lawrence Weiner versteht sie selbst als Skulpturen – allerdings in einer besonderen Gestalt, nämlich als lesbare Texte, Konzepte und Ideen.

Im  Gegensatz zu literarischen Kunstformen, z.B. Lyrik, Sinnspruch, Parole oder japanischer Haiku, vermitteln Weiners Textarbeiten weder eine Moral, noch enthalten sie eine Aufforderung zum Handeln, geschweige denn versuchen sie poetische Bedeutungen oder Gefühle und Stimmungen wiederzugeben. Weiners Texte sind und bleiben einfache, klare und undekorierte Statements. Erst der/die Betrachter*in löst sie ein, macht sie zu Metaphern, füllt sie mit Bedeutung auf oder bezieht sie auf etwas außerhalb ihrer selbst. So kann gleichermaßen an ein biblisches Zitat, an ein Sprichwort oder an die Beschaffenheit des Bodens, auf dem die alten Speichergebäude der Weserburg stehen, gedacht werden.

Die neben dem Englischen verwendete jeweils zweite Sprache, in diesem Fall Deutsch, ist von dem Ort bestimmt, an dem das Werk zum ersten Mal realisiert oder gezeigt worden ist.

Lawrence Weiner
Having Been Built On Sand. With Another Base (Basis) in Fact, 1978
Sammlung Onnasch

 

Website Kunst im öffentlichen Raum Bremen

Kunst im öffentlichen Raum ist enorm vielfältig – gerade auch in Bremen. Indem sie die gängigen künstlerischen Präsentationsorte Galerie und Museum seit den 1970er Jahren vermehrt verlässt und in den öffentlichen Raum geht, wird Kunst radikal neu und anders gedacht. Dabei kann Kunst im öffentlichen Raum Stein des Anstoßes sein, provozieren und verstören, aus heftigen Debatten hervorgehen oder diese erst verursachen. Dann wieder rüttelt sie auf, macht nachdenklich und brennt sich nachhaltig ein, weil sie die bisherigen Erinnerungskulturen und -politiken kritisch reflektiert und in Frage stellt.

Der Senator für Kultur Bremen bietet auf einer eigenen Website die Möglichkeit an, sich über nahezu alle Werke im öffentlichen Raum zu informieren.

Website Kunst im öffenlichen Raum Bremen

 

Weitere Informationen:

Nicole Nowak, M.A.
Referentin für Bildende Kunst und Kunst im öffentlichen Raum

Senator für Kultur Bremen
Altenwall 15-16
28195 Bremen

Tel.: +49(0)421 361-4658
office@kultur.bremen.de