Michaela Melián, aufheben

Soundarbeit im Hans Otte. Klanghaus und Museumstunnel

01.04.2024 - 30.08.2026
Ein großer weißer, leerer Raum mit Spitzgiebel. Licht fällt durch die Fenster an der Stirnseite.
Michaela Melián, aufheben, 2021, 11:30 min., Leihgabe der Künstlerin im Hans Otte. Klanghaus

In unterschiedlichen Sprachen und Betonungen spielt die Soundarbeit von Michaela Melián (*1956, lebt in der Nähe von München)  in der Weserburg die unterschiedlichen, zum Teil gegensätzlichen Bedeutungen des Verbs „aufheben“ durch:

  • aufheben – im Sinne von abschaffen, liquidieren, auflösen, annulieren, für ungültig erklären
  • aufheben – im Sinne von bewahren, speichern, aufbewahren, zurücklegen, behalten, verwahren, hinterlegen
  • aufheben – im Sinne von aufsammeln, auflesen, aufklauben, aufnehmen, hochnehmen

Damit verweist die Vieldeutigkeit des Wortes auf die Möglichkeit, Grenzen und gegensätzliche Standpunkte offen zu legen bzw. zu transzendieren und damit auf die Eröffnung neuer Perspektiven im Denken wie Handeln. Vor dem Hintergrund, dass Michaela Mélian in ihrem künstlerischen Schaffen oft übersehenen und marginalisierten Geschichten nachgeht, dockt aufheben u.a. an das Oszillieren von Erinnerung zwischen Verweigerung und Bewahren an, um daraus sinnhaft Neues abzuleiten.

Für Bremen schuf Michaela Melián 2024 ein neues Werk im öffentlichen Raum: Am Standort der Ulrichsschuppen im Bremer Getreidehafen, ist ein Gedenkort für das Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager entstanden, der am 10. April 2024 eröffnet wurde.

aufheben ist in der Weserburg an zwei Orten zu hören, die in ihrer Raumerfahrung nicht unterschiedlicher sein könnten. Einmal im Hans Otte. Klanghaus auf der Ebene 4 ½, wo die Besucher*innen sich quasi durch die Arbeit hindurchbewegen und gänzlich von ihr umgeben sind. Und im öffentlichen Raum, im Tunnel links vor dem Museumseingang, wo sie für Jede*n zugänglich ist, aber nur erfahrbar wird, wenn die Passant*innen ihr Ohr an ein Loch in der Wand heranbringen und gezielt lauschen.

Zu hören sind 66 Sprecher*innen auf 32 Sprachen.

Sprecher*innen

Altamirano, Anna Afijan, W Afijan, Jörg Albrecht, Remi Alkali, Bilge Aksac, Eda Aslan, Sven Beckstette, Oliver Bulas, Gaspard Catteau, Stephan Dillemuth, Gürsoy Dogtas, Annika Dorau, Jeanne Faust, Roberta Zoë Faust, Runa Feddersen, Junya Fujita, Björn Gailus, Dörte Habighorst, Lennart Häusser, Manuel Hafner, Ahmad Hamad, Alexander Iliashenko, Shahira Issa, Hugh James, Benjamin Janzen, Luisa Kleemann, Katrin Köhler, Nikita Kotliar, Lila-Zoé Krauß, Eve Larue, Sophia Leitenmayer, Anki Lepper, Xinyi Li, Yi Li, Justin Lieberman, Charlotte Livine, Hanne Loreck, Takeo Marquardt, Juno Meinecke, Thomas Meinecke, Wolfgang Müller, Fritzi Magic Ngceni, Pakama Ngceni, Julia Nordholz, Josie Overton, Florentine Pahl, Alice Peragine, Judith Rau, Kevin Saint Pere, Liz Schröder, Maya Schweitzer, Ariana Laila Sharif, Adnan Softic, Nuri Softic, Holger Steen, Dominik Styk, Luísa Telles, Laila Unger, Frederik Vium, Rados Vujaklija, Moritz Walker, Badrieh Wanli, Annie Weichselbaum, Nerea Wüst, Shuchang Xie

Sprachen

Ägyptisch, Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Chinesisch, Dänisch, Dari, Deutsch, Englisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Isixhosa, Isländisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Lateinisch, Paschtunisch, Persisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Schweizerdeutsch, Serbisch, Slowakisch, Spanisch, Syrisch, Taiwanesisch, Tschechisch, Türkisch, Ukrainisch.

Zur Person

Michaela Melián, Foto: Jörg Koopmann

Michaela Melián ist Künstlerin und Musikerin, lebt in München und Hamburg. Sie lehrt als Professorin für Zeitbezogene Medien an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste (HfbK). 2018 erhielt sie den Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum, der von der Stiftung Bremer Bildhauerpreis vergeben wird.

Hans Otte. Klanghaus

Zwischen 1989 und 1991 hat der renommierte Bremer Komponist für Neue Musik Hans Otte die interaktive Klanginstallation Klanghaus für den Giebelraum der Weserburg entwickelt. Die Besucher*innen konnten durch acht verschiedene Klangzonen schreiten, die sich an „Atem, Wind, Prana, weißes oder ozeanisches Rauschen“ (Hans Otte) anlehnten. Die vielfältigen Qualitäten des Klanges wurden per Bewegungsmelder aktiviert.

Nach drei Jahrzehnten ständiger Präsenz kann die Klanginstallation aufgrund überalteter Technik nun nicht mehr in der Form präsentiert werden, wie sie ursprünglich von Hans Otte konzipiert wurde. Das Werk musste daher abgeschaltet werden. Der Name des Raums als Hans Otte. Klanghaus bleibt jedoch.

Und auch die Klangkunst bleibt. In Gedenken an diese für die Geschichte der Weserburg so wichtige Arbeit von Hans Otte wird der Raum auch zukünftig dem Klang gewidmet bleiben. Seit 2024 sind dort zeitgenössische Soundpieces internationaler Künstler*innen zu hören.

Ergänzt werden die Soundinstallationen durch zwei Textarbeiten des US-amerikanischen Künstlers Lawrence Weiner (*1942) an den Seitenwänden des Raums.