Frank Gerritz

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29.01.2008 - 04.05.2008

Die Weserburg zeigt die erste umfassende Museumsausstellung des Werkes von Frank Gerritz. 1964 in Hamburg geboren, zählt Gerritz heute zu den bedeutenden Künstlern einer abstrakt operierenden Kunst. Der berühmte amerikanische Kunstkritiker Donald Kuspit bezeichnet ihn als den letzten „abstract hardliner“.

In Deutschland ist Frank Gerritz bisher eher einem kleineren Kreis von Kunstinteressierten bekannt, wenngleich seine Werke in so bedeutenden Privatsammlungen wie der Sammlung Lafrenz oder der Sammlung Falckenberg zu finden sind. Bislang ist das Werk in den Vereinigten Staaten in weitaus stärkerem Maße rezipiert worden als in unseren Landen; dies ist nicht zuletzt einer der Gründe für diese Ausstellung, die einen der herausragenden Künstler unserer Zeit in Deutschland erstmals umfassend vorstellen wird.

Auf den ersten Blick, zumal wenn man die Werke nur von Abbildungen in Publikationen kennt, mag man in Frank Gerritz einen Nachfahren der Minimal- und Concept Art vermuten. Doch wie so häufig, ist ein solcher erster Blick allzu eindimensional. Die Werke von Frank Gerritz erfordern wie kaum ein anderes Oeuvre der zeitgenössischen Kunst die reale Betrachtung vor Ort. Seine Kunst reklamiert den Live-Charakter der eigenen Wahrnehmung.

Frank Gerritz ist Bildhauer, der jedoch ausgehend von seinen skulpturalen Ideen seit Jahren vornehmlich Bilder entstehen lässt, denen allerdings eine raumgreifende Kraft zukommt.

Mit dem Graphit eines Faber-Castell-Stiftes der Sorte 9B legt der Künstler Schicht über Schicht auf die glatte Oberfläche profaner MDF-Platten. Die unterschiedlichen Schraffuren führen zu einem präzisen Linienwerk, das dem Bild eine erste Struktur gibt. Entscheidend ist jedoch, dass die Präzision dieser geometrischen Formationen durch die materielle Wirkung des Graphit in eine ganz andere Ebene der Wahrnehmung gehoben wird. Denn das aufgetragene Graphit fängt das Licht in einer jeweils vollkommen neuen und anderen Weise. In den teilweise spiegelnden Oberflächen dieser MDF-Arbeiten unternimmt der Betrachter so eine aufregende Reise des Blicks durch eine lichterfüllte Welt des vermeintlichen Dunkels.

In einem weiteren Werkzyklus arbeitet Gerritz mit schwarzem Paintstick direkt auf eloxiertem Aluminium. Dass die Oberflächen dieser Werke ein Schwarz von durchdringender Schönheit liefern und im konzisen Duktus einer rigiden Genauigkeit dennoch Raum lassen für das Echo gelebter Erfahrung, die nicht auf einen messbaren Nenner gebracht werden kann, sondern im Sehen erst spürbar wird, auch das ist nur erfahrbar direkt vor den Werken in der Ausstellung.

Speziell für die Ausstellung in der Weserburg hat Frank Gerritz eine neue Wandzeichnung geschaffen, wie er sie in seinem bisherigen Werk bereits in New Yorker Galerien und für die Hamburger Kunsthalle realisiert hat. Dabei arbeitet der Künstler direkt mit dem Graphitstift auf die Wand des Ausstellungsraumes. In wochenlanger Schichtung entstand eine Zeichnung, die direkt mit dem architektonischen Raum verbunden ist. Die neue Wandzeichnung für die Weserburg greift Erfahrungen des Künstlers aus seiner Zeit als junger Punkrocker in Hamburg auf, und bezieht sich inhaltlich auf die Bühne des legendären Roxy in London, in dem die Band Wire den Song „Low Down“ in unnachahmlicher Weise über die Rampe brachte. Auch in diesen Zusammenhängen wird deutlich, dass das Werk von Frank Gerritz sich aus Quellen speist, die auf den ersten Blick nicht zu vermuten, im intensiven Sehen aber spürbar sind. Kurzum: in der Weserburg wird ein herausragender Künstler zu entdecken sein.

Die Ausstellung wird mit den MDF-Arbeiten, den Aluminiumarbeiten, skulpturalen und zeichnerischen Werken sowie der im Museum entstehenden Wandzeichnung einen umfassenden Einblick in das Werk geben. Das begleitende Katalogbuch, mit Texten von Donald Kuspit und Alison Green, dokumentiert das Werk der vergangenen Jahre und die Ausstellung in der Weserburg.