Noble Gäste
Meisterwerke der Kunsthalle Bremen
Jemanden in den eigenen vier Wänden willkommen zu heißen, bedeutet im Sinne echter Gastfreundschaft nicht nur räumliche Unterbringung, also das sprichwörtliche „Einräumen“ eines abgegrenzten Bereiches, sondern auch aktiven Austausch, meint also Dialoge und Korrespondenzen – wie es sich eben für einen aufmerksamen Gastgeber gehört. Die Auswahl an herausragenden Werken, welche die Kunsthalle für etwa zwei Jahre in das Sammlermuseum Weserburg und damit in die ehemaligen Speicherhäuser inmitten der Weser schickt, gerät unter dieser Prämisse wie von selbst in Beziehung zu den hier bereits vorhandenen Arbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts aus verschiedenen Privatsammlungen. Ebenso zum Gebäude, einer ehemaligen Kaffeerösterei und seinen verschachtelt- labyrinthisch angelegten Räumen. Es geht also um Gastfreundschaft besonderer Art, nicht um ein Unisono – Nebeneinander, sondern um Fragen und Antworten, Dialoge, Entgegnungen und Abgrenzungen.
Ein Teil der Kunsthallen Werke stammt aus dem 19. Jahrhundert, wie zum Beispiel die beiden berühmten Skulpturen von Auguste Rodin, Das Eherne Zeitalter, 1875/76 und Johannes der Täufer, 1878/80. Letzterer gerät gleich beim Betreten der Etage in auffälligen Gegensatz – oder ist es doch ein tiefer Dialog und damit auch eine Gemeinsamkeit – mit der Fotoserie Time exposed von Hiroshi Sugimoto. Ein Landschaftsbild von Caspar David Friedrich Das Grab des Arminius, um 1813 korrespondiert – wie schon in der Kunsthalle zuvor – mit seiner perfekten fotografischen Umsetzung aus dem Jahr 2007 in einem LED Leuchtkasten von Hiroyuki Masuyama. Es scheint, als sei der Künstler mit seiner Kamera im Rahmen einer Zeitreise an Ort und Stelle gewesen, um das geschichtsträchtige Motiv auf die Festplatte zu bannen.
In den nächsten Räumen, warten weitere Werke verschiedener Künstler auf einen spannungsreichen Dialog. Darunter auch Die Große Galerie, 1995/97 von Boris Becker, eine Fotoarbeit, die eindrucksvoll noch einmal den alten Skulpturensaal der Kunsthalle ins Gedächtnis ruft. Natürlich nicht zu vergessen Maurizio Cattelans herausragende und gleichermaßen skurrile Fassung der Bremer Stadtmusikanten Love Saves Life, 1995 und Love Lasts Forever,1999, welche hier als lebensecht ausgestopfte Tierpräparate neben ihrer komplett skelettierten Version hochgestapelt vor uns stehen. Hintersinniger Kommentar, augenzwinkernder Bezug auch auf die Hansestadt Bremen, in der die Weserburg und die Kunsthalle zu Hause sind.
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