Werner Büttner
Gemeine Wahrheiten
„Damals wie heute nahm und nehme ich die Malerei so ernst wie mein Kochgeschirr oder mein Auto“. (Werner Büttner)
Mit der Retrospektive „Werner Büttner. Gemeine Wahrheiten“ zeigt die Weserburg eine umfangreiche Schau mit Werken des Hamburger Künstlers. Zusammen mit Martin Kippenberger und Albert Oehlen prägte Werner Büttner seit den frühen 1980er-Jahren nachhaltig die deutsche Kunstszene. Bilder, Zeichnungen, Collagen und Skulpturen zeugen von Büttners Einfallsreichtum, Ironie, aber auch beißendem Spott gegenüber den gesellschaftlichen Realitäten. Die Ausstellung hebt die Bedeutung von Werner Büttner in Bezug auf die Entwicklung der deutschen Malerei im ausgehenden 20. Jahrhundert hervor, die er maßgeblich mitbeeinflusst hat und stellt ihn als eine ihrer zentralen Figuren und Vordenker dar.
Zu Beginn der 1980er-Jahre etablierte sich in einigen deutschen Kunstzentren eine vitale, ungestüme und zuweilen radikale Malerszene, die das, was Malerei bis dahin war oder sein wollte, provokant in Frage stellte. Mit bewusst trivialen oder absurden Motiven und Themen wurde die Malerei vermeintlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Schroffe Ablehnung gegenüber dieser Kunstszene war zunächst die Folge, deren wichtigsten Kristallisationspunkte Köln, Berlin und Hamburg waren. In einer betont lapidar erscheinenden Malweise, die zwischen Abstraktion und Anleihen aus der Gegenstandswelt schwankte, wurden von den Künstlern großformartige Bilder geschaffen, die den ‚guten Geschmack‘ und die ‚Qualitäts-Kunst‘ attackierten. Häme und Zynismus auf die sich etablierende, neoliberale Gesellschaft der Helmut Kohl-Ära standen dabei im Vordergrund vieler Werke. Trotz der vorderhand eingenommenen „Scheißegal“-Attitude kann die Kunstszene, die sich um Büttner versammelte, als eine dezidiert Politische bezeichnet werden. Im Zentrum der damaligen Hamburger Malerszene standen neben Werner Büttner Martin Kippenberger und Albert Oehlen; ebenfalls zu seinem Umfeld gehörten Hubert Kiecol, Markus Oehlen und Georg Herold.
Die Bilder, Zeichnungen, Collagen und Skulpturen der Ausstellung widmen sich hauptsächlich dem Maler Werner Büttner, der nach dem Wiedererstarken der gegenständlichen Malerei in den 1960erund 70er-Jahre angetreten war, mit ihrem Illusionismus zu brechen und ihr endgültig alles Bourgeoise zu nehmen. Durch seine betont ruppige und grobschlächtige Malweise wendet sich Büttner gegen die bis dahin gängigen Vorstellungen, was abstrakte und was gegenständliche Kunst zu sein hat. Er nimmt alle schriftlichen, mündlichen oder künstlerischen Äußerungen aus seiner Lebenswelt auf, zermalmt das Vorgefundene motivisch wie inhaltlich und setzt es schließlich neu im Bild zusammen, sodass zuweilen markante Kombinationen entstehen, wie „Stilleben mit Wolpertinger und beschädigtem de Chirico“ (1984).
Auch in seinen neueren Arbeiten, C-Prints, deren Motive Büttner trotz ihrer scheinbaren Nähe zu digital erstellten Bildern ganz handwerklich mit Messer und Schere collageartig zusammensetzt, wird dieses Einbeziehen sämtlicher lebensweltlicher Ausdrucksformen deutlich. Kaum ein anderer Künstler aus der Hamburger Malerszene der Zeit pflegt einen solch hintersinnigen Umgang mit Sprache und ihrem Verhältnis zur Kunst wie Werner Büttner. Titel wie „Die Probleme des Minigolfs in der europäischen Malerei“ (1982) oder „Moderne Kunst kann man verstehen, moderne Welt nicht“ (1985) zeugen von seinem sinisteren Humor und Tiefsinn im Diskurs mit der Kunst. Andere Titel wie „Die Russische Revolution vom Hörensagen und in Öl“ (1985) oder „Wetterfester Schmetterling“ (2008) sprechen wiederum von Büttners treffender Gesellschaftskritik.