Yael Bartana. Utopia Now!
Yael Bartana (*1970 in Israel, lebt in Amsterdam und Berlin) gilt als eine der wichtigsten internationalen Filmkünstlerinnen ihrer Generation. Ihre Filme, Fotografien, Objekte, Neonarbeiten und Performances verknüpfen Vergangenheit und Gegenwart, um daraus eine spekulative Zukunft zu entwickeln. Die Künstlerin bezeichnet ihre Arbeitsmethode als „Pre-Enactment“ – also nicht als Wiederaufführung von Gewesenem, sondern als Vorwegnahme des Kommenden auf der Basis des Vergangenen. Was wäre, wenn? Bartana: „Pre-Enactment mischt Fakten und Fiktion. Es ist ein Gedankenexperiment, das die historische Erzählung in Frage stellt, eine alternative Gegenwart und kontrafaktische Geschichten schafft.“
Seit Anfang der 2000er Jahre untersucht Yael Bartana auf diese Weise Themen wie nationale Identität und religiöse Tradition, kollektive Traumata und Sehnsucht nach Erlösung, patriarchale Machtstrukturen und Heilsversprechen. Letztendlich geht es in ihrem Werk immer um die Frage, wie wir angesichts der Last einer uns unterschiedlich prägenden, gemeinsamen Vergangenheit in der Zukunft sinnvoll miteinander leben wollen und können.
Die Werkauswahl von Utopia Now! in der Weserburg Museum für moderne Kunst beinhaltet Filminstallationen und Neonarbeiten der letzten fünf Jahre sowie die Weltpremiere von Bartanas neuestem Film und ein für Bremen entstandenes Neon. Jedoch geht es der Künstlerin nicht darum, deutsche Schuld zu bearbeiten oder gar aufzulösen. Vielmehr bildet auch in Utopia Now! der Blick in die Vergangenheit den Ausgangspunkt, um aus den Gegebenheiten der Gegenwart Visionen für eine mögliche Zukunft zu entwickeln – Visionen, die über nationale Grenzen hinausgehen.
Yael Bartana ist derzeit Stipendiatin der Villa Massimo in Rom und bespielt den Deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig ab April 2024 (gemeinsam mit dem Regisseur Ersan Mondtag). Ihre Arbeiten befinden sich in Sammlungen wie dem MoMA New York, dem Guggenheim Museum New York, der Tate Modern London, dem Van Abbemuseum Rotterdam, dem Centre Pompidou Paris uvm. Sie hatte Einzelausstellungen z.B. im Jüdischen Museum, Berlin (2021), Philadelphia Museum of Art (2018), Stedelijk Museum, Amsterdam (2015), in der Wiener Secession (2012), im Tel Aviv Museum of Art (2012), Moderna Museet, Malmö (2010) oder MoMA PS1, New York (2008). Ihr Werk war auf den Biennalen in São Paulo (2014, 2010, 2006), Berlin (2012), im Polnischen Pavillon in Venedig (2011) oder in Istanbul (2005), sowie auf der documenta 12 (2007) oder der Manifesta 4 (2002) zu sehen.
Eröffnung: 24. Mai 2024, 19 Uhr
Ausstellung auf Ebene 3
Kuratiert von Janneke de Vries
Führung buchen
Unser geschultes Personal führt Sie durch die Ausstellung, auf Wunsch auch zu speziellen Themen, in deutscher und englischer Sprache.
85 Euro zzgl. Eintritt
Maximal 25 Personen pro Führung (50 Minuten)
Eine Anmeldung ist erforderlich!
Informationen und Buchungsanfragen
Bürozeiten:
Montag bis Donnerstag, 9 bis 16 Uhr
Freitag, 9 bis 15 Uhr
+49 (0)421 59839-0
info@weserburg.de
Angebote für Schulen
Für Schulklassen werden verschiedene Führungen mit und ohne Praxisanteil angeboten, auf Anfrage mit Themenschwerpunkten:
60 Minuten (55 Euro)
90 Minuten mit Praxisanteil (80 Euro)
1. Ich-Orakel – Was wäre, wenn?
War früher alles besser im Vergleich zu heute? Liegt die Zukunft in der Vergangenheit und kann Neues nur aus Altem wachsen? In der Führung können die Teilnehmenden diesen Themen inhaltlich, politisch und philosophisch aus verschiedenen Perspektiven nachspüren und sie anschließend im künstlerischen Prozess umsetzen. Kataloge, Zeitschriften und Fotobände aus verschiedenen Epochen und Jahrzehnten werden zum Ausgangsmaterial, um eigene filmische Interpretationen oder Stills in Miniaturformat zu entwickeln.
2. Die Zukunft ist Jetzt!
Was ist Deutschland heute? Wie wollen wir als Gesellschaft zusammenleben? In dieser Führung gestalten die Teilnehmenden mit den Mitteln der Kunst Zukunft anders und neu: in allen Farben und Formen, mit allen Materialien und Techniken kopieren, variieren und addieren sie mal formal, mal mitreißend, mal ambivalent, mal ironisch überzeichnend.
Veranstaltungen
Mittwoch, 5. Juni, 19 Uhr
13 Euro / erm. 9 Euro
Kurt Tallert. Spur und Abweg
Lesung mit Kurt Tallert im Hans Otte. Klanghaus
Von Steinen, die nicht vergessen, und Menschen, die nicht erinnern
Wie ist es, als Sohn eines von den Nazis verfolgten Vaters zwischen den Enkeln von Tätern aufzuwachsen? In ›Spur und Abweg‹ stellt Kurt Tallert sich der Verfolgungsgeschichte seiner Familie. Das Besondere an seinem Schicksal und seiner Perspektive auf die deutsche Geschichte: Kurt Tallert ist heute 37 Jahre alt, und doch wurde sein Vater als junger Mann noch von den Nazis als »Halbjude« verfolgt. Harry Tallert ist bei der Geburt seines Sohnes 58 Jahre alt. Und stirbt zwölf Jahre später. Schon als Schüler muss Kurt Tallert erfahren: Was für weite Teile seiner Generation Schulbuchvergangenheit ist, ist für ihn lebendig, zum Greifen nah, die Geschichte seines Vaters. Eines Vaters, der nach der Befreiung in Deutschland bleibt, Journalist wird und Mitglied des Bundestags. Und der doch ein Leben lang seinen Platz sucht. In ›Spur und Abweg‹ trifft Vergangenheit auf Gegenwart, Überliefertes auf Verdrängtes, Erlebtes auf Erinnertes, erzählt Kurt Tallert in unverwechselbarem Ton die Geschichte seines Vaters – und seine eigene. Ein unvergessliches Debüt und ein Stück Gegenwartsliteratur, in dem die Scherben eines Lebens zu einem Spiegel der Gesellschaft zusammengelegt werden.
Kurt Tallert wurde 1987 in Bad Honnef geboren und studierte Germanistik und Hispanistik. Unter dem Künstlernamen Retrogott prägt er als Rapper, DJ und Produzent seit mehr als zwanzig Jahren die deutsche Hip-Hop-Szene und veröffentlichte zahlreiche Alben. Spur und Abweg ist sein schriftstellerisches Debüt.
Sonntag, 9. Juni 2024 & 18. August 2024, 11 Uhr
15 Euro / erm. 12 Euro
Jüdisches Leben in Bremen und die Kunst von Yael Bartana
Kombinierte Stadt- und Ausstellungsführung in Kooperation mit StattReisen Bremen e.V.
Die kombinierte Stadt- und Ausstellungsführung gibt zunächst einen Einblick in die Geschichte des jüdischen Lebens in Bremen. Diese Geschichte ist vielfältiger als oft angenommen und umfasst sowohl tragische Aspekte wie Vertreibung, Ausgrenzung und Verfolgung als auch zahlreiche unterhaltsame Episoden aus dem Leben jüdischer Bewohnerinnen und Bewohner. In der Weserburg wird es anschließend in die Ausstellung Utopia Now! der israelischen Künstlerin Yael Bartana eingeführt. Viele von Bartanas Werken beschäftigen sich mit der deutschen Erinnerungskultur und dem Umgang mit der Shoah.
Dienstag, 27. August 2024, 19 Uhr
Die Teilnahme ist kostenlos.
Der magische Radikalismus von Yael Bartana
Online-Vortrag
Die Videoinstallation „Malka Germania“ wurde vom Jüdischen Museum Berlin in Auftrag gegeben und 2021 erstmals in der Ausstellung „Redemption Now!“ präsentiert. Shelley Harten, die Kuratorin der Ausstellung, wird Einblicke in die Entstehung der Messias-Figur durch die Künstlerin Yael Bartana geben und die dramaturgischen Elemente der Ausstellung erläutern. Der Vortrag wird Schlüsselaspekte von Yael Bartanas Werken und die Macht der Kunst, unsere politische Vorstellungskraft herauszufordern, hervorheben.
Der Vortrag findet via Zoom statt. Es wird die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen.
Kostenloser Zoom-Link: https://us02web.zoom.us/j/85736465187?pwd=bvWzGIoFnUCFj78XbtAlEk4otyQuHO.1
Samstag, 7. September 2024 & 3. November 2024, 12 bis 16:30 Uhr
45 Euro inkl. Museumseintritt (eine Anpassung des Betrags nach oben oder unten ist möglich)
Was wäre wenn?
Schreibworkshop mit Anette Naumann
Was wäre wenn? Diese Frage liegt vielen filmischen Arbeiten der israelischen Video-Künstlerin Yael Bartana zugrunde. Ihre Auseinandersetzung mit der Geschichte mündet in experimentelle Versuche einer Zukunftsbewältigung, wie sie es nennt. Wie kann das zukünftige Zusammenleben divergierender Menschengruppen – ob in Deutschland, Israel, Brasilien oder anderswo – besser gelingen? Wer hofft dabei auf welche Art von Erlösung in unserer schwierigen Gegenwart? Ihre Antworten sind nicht eindeutig, die Bilder ausdrucksstark. Bartanas Verdienst ist es, zu differenziertem Schauen, urteilsverzögerndem Denken und bewusstwerden dem Fühlen anzuregen.
Mithilfe von vorbereitenden Fragen, die während des Betrachtens eine Orientierungshilfe geben, und anschließenden Anregungen zum Schreiben kann sich der persönliche Zugang zu den Filmen entfalten.
Mittwoch, 25. September 2024, 20 Uhr
film:art 101: Rituale – rituals.
Filmabend im City 46 mit Christine Rüffert
Rituale sind kulturell gebundene und vermittelte Akte, die im Alltag zwischenmenschliche Beziehungen regeln. Sie funktionieren als Schmierstoff der Gesellschaft. Symbolisch aufgeladen vermitteln sie gerade in politischen oder religiösen Kontexten Orientierung und Sicherheit. Bedeutungsgeladene Vorgänge können zeremoniellen Charakter annehmen, aber auch – wenn der Entstehungskontext verblasst – zu scheinbar sinnentleerten Handlungen degenerieren. Demgegenüber können persönliche liebgewonnene Gewohnheiten zu fröhlich zelebrierten Ritualen werden.
Der Filmabend „Rituale“ im City 46 findet im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellungergänzt die Ausstellung „Yael Bartana. Utopia Now!“ statt. Gezeigt werden Videoarbeiten von Yael Bartana und anderen Künstler*innen, die sich mit rituellen Vorgängen beschäftigen. Die Filme bieten eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Rolle und Bedeutung von Ritualen in verschiedenen kulturellen und politischen Kontexten.
Weitere Informationen zum Veranstaltungsort CITY 46 finden Sie hier.
Das Programm ist Teil der fortlaufenden kuratorischen Reihe film:art, die Filme zwischen Kunst und Kino ausstellt.
Sonntag, 6. Oktober und 27. Oktober 2024, 15 Uhr
Führung und Kunstgespräch: Yael Bartana. Utopia Now!
Für Frauen mit belladonna Bremen
Belladonna Bremen und die Weserburg Museum für moderne Kunst laden Sie herzlich zu einer Führung durch die Ausstellung Yael Bartana. Utopia Now! ein. Yael Bartana zählt zu den herausragenden Filmkünstlerinnen ihrer Generation. Ihr Werk verbindet auf außergewöhnliche Weise Vergangenheit und Gegenwart, um eine spekulative Zukunft zu entwerfen. Wie wollen wir leben? Was wäre, wenn? Dabei stehen Themen wie nationale Identität und religiöse Tradition, kollektive Traumata und Sehnsucht nach Erlösung, patriarchale Machtstrukturen und Heilsversprechen im Fokus. Zu sehen sind Filminstallationen und Neonarbeiten Bartanas der letzten fünf Jahre, einschließlich der Weltpremiere ihres neuesten Films.
Im Anschluss an die Führung findet in der Bibliothek der Weserburg ein Kunstgespräch mit Monika Brunnmüller statt, um bei Kaffee und Kuchen die Eindrücke der Ausstellung zu reflektieren und zu diskutieren.